Nie ist mir die Volksweisheit „don’t judge a book by its cover“ (beurteile ein Buch nicht nach seinem Umschlag) – beziehungsweise … „by its title“ (nach seinem Titel) – zutreffender erschienen, als bei diesem Buch von Dr. Sandra Foltin.
Zwar habe ich eine vage Vorstellung, wovon die Rede ist, aber weder verfüge ich über den Ehrgeiz, entsprechende Hunde auszubilden, noch benötige ich einen. Und ganz ehrlich? Der Untertitel „Ausgewählte Studien erklärt“ klingt dröge und anstrengend. Dabei wäre es – was mich betrifft – mit einiger Sicherheit geblieben.
Wenn nur ihr Buch* „Black Dog: Depressionen und andere psychische Erkrankungen beim Hund“ mich nicht so dermaßen angefixt hätte … Ich hatte Fragen nach der Lektüre, wollte mehr wissen, war willens, mich mit Studien auseinanderzusetzen. Und ZACK! war „ausgewählte Studien erklärt“ ein attraktives Angebot!
Was sollte ich wissen?
Zunächst jedoch zurück zur hund- beziehungsweise tiergestützten Intervention: Diese zielt darauf ab, Tiere einzusetzen, um die menschliche Gesundheit positiv zu beeinflussen und therapeutische Prozesse zu unterstützen. Oder platt gesagt: Die Wirkung, die Hunde bekanntlich auf das Befinden ihrer Halter:innen haben, gezielt auf Dritte zu übertragen.
An diesem Punkt beginne ich darüber nachzudenken, ob die entsprechenden Erkenntnisse nicht auch für Menschen wie mich durchaus bedeutsam sein könnten: Für mich war mein Seelenhund Oskar mein Therapiehund, der – obwohl Autodidakt – einen prima Job gemacht hat!
Was sollte ich über Hunde wie ihn wissen?
Spoiler: Hundgestütze Intervention ist anstrengend zu lesen!
Oder wirkt im ersten Wurf zumindest so. Immer mal wieder denke ich „das hab ich doch schon gelesen!“, vermute zunächst, mich verblättert zu haben, stelle dann aber fest, dass etliche Passagen sich tatsächlich wiederholen: Die erste Erklärung ist so richtig wissenschaftlich (und ich bestaune die Anzahl der Fachbegriffe, die ich noch nie im Leben gehört habe), die zweite richtet sich an interessierte Nicht-Wissenschaftler:innen (da freu ich mich, wenn ich etwas wiedererkenne), die dritte ist allgemeinverständlich. Am Ende findet sich in aller Regel noch ein Fazit, in welchem die Ergebnisse zusammengefasst sind.
Mir gefällt das gut: Sandra Foltin spricht tatsächlich alle Leser:innen „in einem Abwasch“ an. Ich kann mir beim Lesen aussuchen, wie viel „Anspruch“ ich mir gerade zumuten mag, mir merken, wo ich noch nachlesen kann, aber ich verliere den Anschluss nicht.
Gleichzeitig finde ich es durchaus unterhaltsam: Lache spontan auf, denke „ach guck!“ und einmal sogar „das liest sich ja wie ein Krimi!“
Hundgestützte Intervention beschäftigt sich mit einer ganzen Reihe von Themen, die auch „ganz normale“ Hundehalter:innen umtreiben: Wie stark beeinflusst die Rasse das Verhalten eines Hundes? Wie lange sollte ein Welpe bei der Mutter bleiben? Wie wichtig ist Freilauf? Und es bietet ein paar sehr nette Gimmiks: Zum Beispiel lerne ich nicht nur, welche Persönlichkeitstypen es gibt, sondern habe auch den Link zum Test genutzt und weiß jetzt, welcher Typ ich selbst bin.
Das Kapitel zum Thema Bindung hat mich ganz besonders fasziniert: Nicht, dass ich mich damit vorher noch nie beschäftigt hätte, aber ich habe so viel dazugelernt, dass ich es ganz sicher ein weiteres Mal lesen werde, bevor ich mich erneut dazu äußere.
Gegen Ende beginne ich mich ein wenig zu quälen und (zwecks Linderung) Passagen nur noch zu überfliegen. Sie sind wichtig! Wer in diesem Bereich tätig ist, oder es plant, muss das wissen! Mir selbst darf derzeit (noch) egal sein, welche Zoonosen sich wie zwischen Mensch und Hund übertragen. Ich genieße den Kontakt zu meinem Hund live und nicht online und ich bin mir ganz sicher, dass ich keinen Roboter-Hund möchte!
„Cherry picking“ erlaubt!
Hundgestützte Intervention hat es verdient, von der ersten bis zur letzten Seite aufmerksam gelesen zu werden, zwingt die Leser:in aber nicht dazu.
Es ist ein „Moooment! …“– Buch. „Moooment mal ...!“ wie: „Dazu hab ich doch mal was gelesen, da gab es doch ’ne Studie! Da guck ich doch noch einmal nach!“ Es ist sozusagen ein Nachschlagewerk: Ich kann es „durchackern“, überfliegen, oder mich für’s Erste mit dem Inhaltsverzeichnis begnügen, aber wenn ich eine Information benötige, dann wird es mir gute Dienste leisten.
Für wen eignet sich dieses Buch?
Für Menschen, die Hunde für einen entsprechenden Einsatz ausbilden, führen oder züchten wollen: Must have!
Und auch solche Menschen, die sich einen entsprechend ausgebildeten Hund zu ihrer Unterstützung wünschen, oder aber ihren Familienhund für diese Aufgabe ausbilden (lassen) möchten: Bitte!
Lieblingszitat:
Wir sind im Umgang mit unserem eigenen Hund Vorbild für die Außenwelt, andere Hundebesitzer und Interessierte, aber auch die Empfänger und agieren deshalb als Multiplikatoren für einen adäquaten Umgang mit allen Hunden. Die Andersartigkeit der Hunde bereichert unseren Alltag und ein respektvoller Umgang mit ihnen und ihren Bedürfnissen schult unsere Fähigkeiten.
Und für wen noch?
Die allermeisten Hunde sind – ausgebildet oder nicht, gewollt oder nicht – in der tiergestützten Intervention tätig. Sie leisten uns Gesellschaft, bieten uns Trost, lindern unsere Ängste … sie tun das intuitiv. Hundgestützte Intervention lädt uns dazu ein, unsere Hunde dabei wertschätzend zu unterstützen.
Info zum Buch*
Dr. Sandra Foltin
Hundgestützte Intervention: Wissenschaft trifft Praxis – Ausgewählte Studien erklärt
Verlag: Kynos
August 2022
Gebundene Ausgabe, 352 Seiten
ISBN-10: 3954642840
ISBN-13: 978-3954642847
Neugierig geworden auf das Buch, das Iris so angefixt hat? Dann wirf einen Blick in ihre Rezension von Black Dog!
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