„Braucht mein Hund einen Mantel?“

… werde ich im Winter oft gefragt. Na ja, wenn dein Hund  krank ist oder draußen sichtbar bibbert, ist die Antwort wohl klar. Meiner Meinung nach würde ein Mantel noch viel mehr Hunden gut tun, als tatsächlich einen tragen. Es geht ja nicht ums Erfrieren, ums nackte Überleben, da haben unsere Haus-Hunde ja Glück gehabt. Es gibt aber doch einen Unterschied zwischen „nicht krank werden“ und „sich wohl fühlen“ – was wünschst du dir für deinen Hund? 

„Ach was, der braucht doch keinen Mantel!“ – hast du schon mal deinen Hund gefragt?

Der Hundekörper stellt sich auf die Jahreszeiten ein, wie er sie bisher erlebt hat. Er passt Haut und Fell rechtzeitig „vorausschauend“ an, soweit er eben kann. Das sind biologisch sinnvolle Energie-Einsparungen: Wenn ich die letzten zwei Winter kein dickes Winterfell gebraucht habe, wozu dann der Aufwand? Hunde, die ganzjährig draußen leben, produzieren oft viel mehr und stärkeres Fell sowie viel mehr wasserabweisenden Talg. Die Beschaffenheit der Haut spielt auch eine Rolle. Manche kurzhaarigen Hundetypen haben recht starke Haut mit gutem Unterhaut-Fettgewebe, andere – wie etwa viele Windhunde – sehr dünne Haut und praktisch kein Fettgewebe darunter.

Auch innerhalb einer Rasse ist die Fähigkeit, Wärme zu produzieren und zu halten, natürlich nicht bei allen gleich! Sehr eindrucksvolle Bilder dazu, von Windhunden und anderen Rassen, findest du ➡️ hier. Echt faszinierend!

Ein Hund, der den größten Teil des Tages in unseren geheizten Räumen verbringt, hat sich daran angepasst, sich auf das Leben mit uns eingestellt. An der Leine in unserem Schritttempo kann er sich nicht durch Bewegung wärmen, wenn ihm danach ist. Ältere Hunde, die sich auch im Freilauf nicht mehr so intensiv bewegen, wissen es oft sehr zu schätzen, wenn sie zumindest einen warmen, trockenen Rücken haben.

Kälte-Empfinden ist etwas sehr Individuelles, da sind unsere Hunde wie wir. Der eine friert leichter als der andere. Auch das sieht man sehr gut auf diesen Aufnahmen mit der Wärmebild-Kamera. 

Hier geht es ja nicht nur darum, ob ein Hund gleich krank wird. Kälte und Nässe sind Stress für den Organismus. Das kennen wir doch von uns selbst! Klar sterben wir nicht daran, dass wir mal nass werden. Aber es ist ein großer Unterschied, ob wir nur nass werden, oder ob es obendrein windig ist und kalt. Selbst in Funktionsklamotten (kein Fell ist wasser- und winddicht!) ist eine Wanderung weniger anstrengend und viel schöner, wenn uns nicht der eisige Regen ins Gesicht peitscht. Tja – ordentlich an der Leine laufen, höflich zu anderen Hunden sein, sich vom Eichhörnchen-Jagen zurückhalten, all das kann anstrengend genug für unsere Hunde sein. 

Entspannt sein, sich entspannt verhalten

Kälte, Nässe, Zugluft, kleine Rempler oder Stürze beim Toben können für starke Verspannungen sorgen. Wir schaffen das ja schon, wenn wir mal falsch liegen … „Verspannungen“ klingt so harmlos, aber wer schon mal einen ernsthaft verspannten Nacken hatte, der weiß, wie schmerzhaft und nervtötend das sein kann. 

Bis ein Hund sichtbar humpelt, muss es schon wirklich schlimm sein! Wohl fühlen tut er sich lange vorher nicht, und das ist für uns eben oft nicht sichtbar. Auch wir vergessen Schmerzen mal vorübergehend, wenn wir stark abgelenkt sind. Deswegen geht es uns dennoch nicht gut damit. Wir können uns vielleicht schwerer konzentrieren und werden gereizt bis unleidlich. Aber unser Hund soll sich auf alles Mögliche konzentrieren, was wir von ihm erwarten, und natürlich friedlich an allem vorbeigehen …

Einfach ausprobieren!

Ob DEINEM Hund ein Mantel gut täte, erkennst du am besten, indem du ihn mit und ohne Mantel beobachtest. Probier es einfach aus. Leih dir vielleicht einen Mantel von Hundefreunden oder suche nach einem gebrauchten, wenn du dir noch nicht sicher bist. Der Mantel muss natürlich gut sitzen, er sollte nirgends kneifen, nicht schlackern und möglichst wenig rascheln. Übe das Anziehen und das Ausziehen mit Ankündigung. Sobald dein Hund sich an den Mantel gewöhnt hat, beobachte ihn aufmerksam beim Spaziergang mit und ohne Mantel.

Schau auf die Feinheiten.

Wie verhält er sich zu Auslösern? Kommt ihr schneller oder langsamer voran als sonst? Schnüffelt dein Hund ausgiebiger? Ist er ansprechbarer, die Leine öfter locker …? Wie verhält er sich nach dem Spaziergang zu Hause? Kommt er schneller zur Ruhe? Wenn du nach einigen Tagen feststellst, dass sich hier Dinge zum Positiven verändert haben, weißte Bescheid: Ja, dein Hund braucht einen Mantel!


Foto © W. Reis