… aber bisher nicht zu fragen wagten
Ganz allmählich weist die Wissenschaft Schritt für Schritt nach, wovon Hundehalter:innen schon lange überzeugt sind: Unsere Hunde sind uns sehr viel ähnlicher als gedacht!
In mindestens einem Punkt allerdings unterscheiden sie sich deutlich von uns: Hunde kennen keinerlei Schamgefühl bezüglich ihrer Sexualität – die wird völlig unbefangen ausgelebt. Vermutlich finden sie es daher ganz normal, wenn Menschen ebenfalls Sexualverhalten zeigen … auch wenn sie sich womöglich wundern, dass wir dazu so gerne unsere Liegestelle aufsuchen.
Wir müssen uns in ihrer Anwesenheit nicht schämen, auch dann nicht, wenn sie unser Tun vielleicht interessiert beobachten: Ihr Blick ist ganz und gar arglos.
Tun sie allerdings mehr, als nur zu gucken, löst sich die romantische Stimmung schnell in schallendes Gelächter auf. Beim ersten Mal wird noch herzlich gelacht, beim dritten Mal schon deutlich verkniffener und irgendwann gerät das Verhalten des Hundes zur echten Beeinträchtigung. Es nervt!
Hinnehmen müssen wir das nicht, aber wir sollten uns klarmachen, dass Hunde unser Vergnügen nicht absichtsvoll „sabotieren“. Und ganz egal, was sie tun: Es geht nicht um Dominanz!
Wie auch immer hier die vermeintlichen Erklärungsansätze aussehen, sie sind nicht stringent, nicht durchgehend schlüssig.
Auch wenn sich in Wolfsrudeln normalerweise nur die Leittiere verpaaren: Hunde sind keine Wölfe. Die Leittiere in Wolfsrudeln sind überdies Eltern, die ihren Nachwuchs großziehen.
Hunde und Menschen bilden keine Rudel, da sie zwei verschiedenen Arten angehören.
Und selbst wenn wir uns und unsere Hunde als Sozialverband / Familie ansehen, haben wir darin eine Rolle, die der von Eltern gleicht.
Das Bild eines Familien- oder Rudelmitgliedes, das innerhalb der Gruppe sozial aufsteigen will, indem es sich mit einem der Leittiere verpaart oder deren Verpaarung verhindert, passt in keines dieser Szenarien.
Geht es vielleicht um Eifersucht?
Eifersucht, wie Menschen sie kennen, empfinden Hunde nicht: Sie verdächtigen uns zum Beispiel nicht, an einen anderen Hund zu denken und diesen womöglich attraktiver zu finden, als sie selbst. Es schert sie auch nicht, wenn wir in ihrer Abwesenheit mal einen anderen Hund knuddeln.
Aber ihre Bezugsperson kann durchaus eine wichtige Ressource für sie darstellen, die sie nicht gern mit anderen teilen mögen.
Eine solche Ressourcenaggression würde sich allerdings nicht nur während sexueller Aktivitäten zeigen, sondern auch in anderen Situationen, die mit großer Nähe einhergehen: Umarmungen zum Beispiel oder Kuscheln auf dem Sofa. Entsprechend umfassend sollte in diesem Fall trainiert werden – gegebenenfalls mit professioneller Unterstützung.
Oder macht ihn das etwa an?
Wenn Rüden ihren Penis ausfahren, hat das zwar mit Erregung zu tun, ist aber nicht zwingend sexuell motiviert – es kann sich auch schlicht um Wohlbefinden oder Aufregung handeln.
Das gleiche gilt für das Aufreiten, welches oft als sogenannte Übersprunghandlung gezeigt wird, wenn Hunde unter Stress geraten oder mit einer Situation überfordert sind.
Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass der Hund die Aktivitäten seiner Menschen einfach spannend findet:
„Was macht ihr da? Kann ich auch mitmachen? Darf ich dabei sein?“
Und natürlich riecht es interessant!
Oder aber die Aktivitäten beunruhigen ihn, weil Bewegungen und Lautäußerungen ungewohnt sind.
Viele Hunde reagieren aufgeregt, wenn Menschen ungewöhnlich aussehen (breitkrempige Hüte tragen, einen Rollator schieben), sich ungewöhnlich bewegen (hinken, torkeln, aber auch tanzen) oder Laute von sich geben, die mit starker Emotion verbunden sind (weinen, schreien).
Es ist daher immer sinnvoll, mit dem Hund zu üben, in solchen Momenten entspannt zu bleiben: ihm zum Beispiel zu zeigen, dass sich unter dem komischen Hut ein ganz normaler Mensch verbirgt, und dass Menschen sich auf vielfältige Weise bewegen können. Auf Emotionen wie Wut oder Trauer wird ein sensibler Hund immer reagieren, aber er kann zum Beispiel lernen, dass Stöhnen nicht zwangsläufig bedeutet, dass es dem Menschen schlecht geht.
Wie, trainieren …?
Bei sehr reizempfänglichen Hunden können potentiell beunruhigende Aktivitäten unter Signal gestellt werden: „Ich mach gleich was Komisches!“ …
So kann der Hund zum Beispiel lernen, auf einem Target (einer Matte oder einem Sitzkissen) zu sitzen / liegen, währen der Mensch hüpft, johlt, oder einen Purzelbaum schlägt. Jedes ruhige Verweilen auf dem Target wird belohnt. Zwischen dem Aufsuchen des Targets und dem Beginn der Aktivität wird dann ein Hörzeichen („Ich mach jetzt Faxen!“) ausgesprochen.
Je nach Hund ist zu Beginn des Trainings nicht mehr möglich als ein winziger Hüpfer, aber mit Geduld und einem kleinschrittigen Trainingsaufbau sollten später auch Headbanging oder Schuhplattler kein Problem sein.
Ist das Hörzeichen verknüpft, kann das Target weggelassen werden.
Sofern das Schlafzimmer „Ort des Geschehens ist“, kann der Hund daran gewöhnt werden, in einem anderen Raum zu nächtigen. Allerdings haben viele Menschen ihren Vierbeiner – sofern er gerade nicht stört – gerne bei sich im Schlafzimmer oder auch im Bett.
Hier bietet sich ein Signal an, mit welchem der Hund „weggeschickt“ wird.
Da der Entzug von Sozialkontakt für den Hund jedoch eine Strafe darstellt (in diesem Falle eine sogenannte negative Strafe: Etwas Angenehmes wird weggenommen) und mit Frustration einhergeht, sollte das Wegschicken sorgsam trainiert und hochwertig belohnt werden.
Ob er dazu auf seine Liegestelle, in seine Box, oder aber in einen anderen Raum geht, sollte im Einzelfall danach entschieden werden, welche Variante für Mensch und Hund die entspannteste ist.
Zur Entspannung kann außerdem ein entsprechendes Training beitragen: Hunde können lernen, ihre Liegestelle, ein Halstuch, einen bestimmten Duft, leise Musik oder eine Kombination davon mit Entspannung zu verknüpfen. Das gleiche gilt für ein verbales Entspannungssignal, ein Wort, das soviel wie „entspann dich“ bedeutet.
Bei der sogenannten konditionierten Entspannung werden zunächst die Signale hinzugefügt, wenn der Hund sich sowieso gerade entspannt. So kann zum Beispiel die Entspannungsmusik immer dann laufen, wenn der Hund angenehm müde ist und ihm beim Kuscheln gleich die Augen zufallen werden. Das gleiche gilt für Hörzeichen wie „easy“, die der Mensch in diesem Moment leise ausspricht.
Sind diese Signale einmal verknüpft, wird der Hund sich sozusagen gewohnheitsmäßig entspannen, sobald er sie wahrnimmt. Wichtig ist, die Entspannungssignale auch dann nicht ausschließlich zu nutzen, sondern sie regelmäßig in entspannten Situationen wieder „aufzuladen“.
Wie bei jedem anderen Training sollte das unerwünschte Verhalten nach Möglichkeit durch Management verhindert werden, damit der Hund es nicht weiter einüben kann. Auch wenn die Spontaneität sehr darunter leiden mag: Für eine Übergangszeit können Hundesitting oder ein Dogwalking-Service dazu beitragen, dass alle Beteiligten eine gute Zeit haben.
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