„Mein Hund soll nicht so an der Leine ziehen“ – eines der häufigsten Anliegen an uns Hundetrainer:innen. Mein erstes Trainingsziel ist dann allerdings meistens, dem Menschen das Ziehen abzugewöhnen!
Dein Hund
Ja, Leinenführigkeit ist eine knifflige Sache. Das fängt schon damit an, dass wir normalerweise von Tag 1 an mit dem angeleinten Hund rausgehen. Auch, wenn er das noch überhaupt nicht kann und uns das auch klar ist. Weiter geht es damit, dass wir Leinenführigkeit dann meistens auf dem Spaziergang trainieren, sprich: in der Situation. Was ja grundsätzlich eine schlechte Idee ist! Die „Trainings“schritte sind von Anfang an viel, viel zu groß.
Für den Hund ist es eine echte Leistung, immer auf die lockere Leine zu achten, sich zu merken, wie lang die gerade verwendete Leine ist, sich darauf zu konzentrieren, wie weit er von dir weg ist, sich zu beherrschen, obwohl er wissen möchte, was da so gut riecht, wer da vorne läuft, oh, und was ist das …? Ganz schön viel auf einmal, oder? Und auch, wenn uns bewusst ist, dass wir dafür mit unserem Hund trainieren müssen, ist Leinenführigkeit eine der Erwartungen, die wir irgendwie selbstverständlich an Hunde haben.
Und du?
Natürlich haben wir viele gute, gewaltfreie Strategien, dem Hund das Laufen an lockerer Leine beizubringen. Ich fange allerdings mit der Frage an: Bist du eigentlich leinenführig?
Ehe ich Erwartungen an unsere Hunde habe, habe ich sie an uns. Achtest du immer darauf, dass die Leine locker ist? Sagst du dem Hund zuverlässig Bescheid, ehe sie zu Ende ist, damit er noch bremsen kann? Bist du darauf konzentriert, wie er sich bewegt, wie schnell, wohin? Gehst du vorausschauend mit ihm? Hältst und handhabst du die Leine so, dass er sich nicht darin verheddert, dass die Leine nicht schleift oder schlenkert sondern „lächelnd“ zwischen euch leicht durchhängt? Merkst du es noch, wenn dein Hund zieht oder wenn du ziehst?! Viele Menschen haben sich so daran gewöhnt, dass es schon eine erste Aufgabe ist, sich dessen bewusst zu werden.
Aber fangen wir einfach mal an. Die Leine sollte 2-3 Meter lang sein und so leicht, wie es die Hundegröße erlaubt. Finde eine Leine, die dir angenehm in den Händen liegt. Solange eure gemeinsame Leinenführigkeit nicht selbstverständlich geworden ist, halte sie auch mit beiden Händen. Eine Hand kann das Leinenende im Panikgriff des Todes umklammern – die andere Hand, die zum Hund hin, ist immer locker und offen. Die Leine läuft über diese Hand nur drüber!
Mit der anderen Hand regulierst du die Länge, gibst also Leine nach oder nimmst sie wieder auf, damit sie nicht schleift, keiner von euch beiden darübersteigt etc. Das passiert alles hinter der offenen Hand, also zwischen deinen beiden Händen und nicht zwischen dem Hund und dir! Die Verbindung zwischen dem Hund und dir ist im Leinenradius immer locker. Übe das Aufnehmen und Nachlassen der Leine, so dass du den Hund möglichst wenig störst. Schließlich soll er lernen, auf deine Bewegungen zu achten, und nicht das Gewurstel und Gefuchtel da hinten möglichst zu ignorieren. Am einfachsten geht das, wenn du die Ellbogen nah am Körper hältst.
Exkurs: Wenn dein Hund eine Schulterhöhe von 50 cm hat und unmittelbar neben dir läuft, sind es vom Anleinpunkt am Geschirr bis zu der Höhe, in der er über die Leine treten und sich verheddern würde, etwa 40 cm. So viel Spielraum hast du also. Wenn du dir das bei einem Hund mit 25 cm Schulterhöhe vorstellst, wächst vielleicht dein Verständnis dafür, warum besonders viele Kleinhunde an Flexileinen geführt werden …
Idealerweise sieht es nun also so aus:
Der Hund steht zB rechts von dir, die Leine führt „lächelnd“ mit einem leichten Bogen zu deiner rechten Hand, läuft locker über die Handfläche oder durch die Finger zu deiner linken Hand, wo sie in ein, zwei Schlaufen hängt und schließlich am Ende gut festgehalten wird. Ihr geht los, dein Hund läuft voraus. Du lässt dir die Leine über die rechte Hand gleiten und dabei die Schlaufe aus der linken Hand ziehen. Dein Hund bleibt stehen und schnüffelt, du nimmst mit der linken Hand die Leine wieder kürzer, wobei sie durch die rechte Hand gleitet. Nicht an der Leine ziehen!
Nina Werner und Connor
Dein Hund ist nur dafür „zuständig“, den maximalen Leinenradius einzuhalten. Wenn die Leine kurz davor ist, sich zu spannen, oder du sie kürzer nehmen musst, sag deinem Hund Bescheid. Mit „Langsam“ o.ä. warnst du ihn vor und er hat die Chance, das Reinlaufen ins Leinenende zu vermeiden. Wenn die Leine kurz davor ist, sich zu spannen, weil dein Hund zB dasteht und schnüffelt, und du weitergehen möchtest, sag ihm Bescheid, ehe du ins Leinenende läufst. Nicht an der Leine ziehen!
Dass die Leine innerhalb des Leinenradius locker bleibt, ist dein Job!
Zusätzlich (fiesgrins) darfst du dann auch noch passend loben/markern und belohnen, wenn dein Hund den Leinenradius einhält, auf dich achtet, die halbe Semmel liegen lässt und was ihr sonst gerade trainiert. Mit welcher Hand wirst du in die Tasche greifen und kannst du das trotz der Leine in der Hand? Vielleicht möchtest du das kurz ohne Hund üben, damit du nachher nicht hektisch wirst?
Und dann wäre da noch deine Körpersprache! Wohin willst du gehen? Wohin weist dein Körper? Achtest du darauf, dich nicht frontal auf Auslöser auszurichten, sondern deinen Körper ein wenig zu drehen, damit du dem Hund eine andere Richtung aufmachst? Dabei nicht an der Leine ziehen!
Stehst du locker? Wie ist deine Körperspannung, passt sie zu dem, was du gerade von deinem Hund möchtest?
Ganz schön viel auf einmal, oder?
Auch für dich gilt: Kleinschrittig. Du darfst das auch erst üben! Das Aufnehmen und Nachgeben etwa zu Hause mit der Leine an einer Türklinke, oder mit eine:r Partner:in. Setz dir unterwegs mit dem Hund nur ganz kleine Ziele innerhalb deiner Leinenlänge! Also z.B. „Ich möchte jetzt zu diesem Baum da.“ Atmen, sich sammeln, wo ist mein Hund?! Losgehen und darauf achten, dass bis zu diesem Baum da die Leine locker bleibt, loben/markern und belohnen. Nur bis dahin. Sollte dein Hund woanders hin wollen, sag ihm Bescheid, ehe die Leine zu Ende ist, und bleib stehen.
Wie du deinen Hund dann wieder zu dir bekommst, ohne an der Leine zu ziehen, welche Belohnungen für deinen Hund die passenden wären, wie du es einem sehr aufgeregten Hund leichter machst, erwünschtes Verhalten zu zeigen und warum sich Leinentraining im Wohnzimmer lohnt … all das sind wieder ganz eigene Trainingsschritte. Hier ging es erst einmal nur um dich!
Hab Geduld – mit euch beiden 🙂
Empfehlungen*
Dieser Text enthält mit (*) markierte Affiliate Links. Wenn du darauf clickst und über diesen Link einkaufst, bekommt die Feine Maus! von dem betreffenden Anbieter eine Provision. Für dich verändert sich der Preis durch dieses kleine „Dankeschön“ nicht!
Foto © debibishop via canva.com