Die Box im Alltag und im Recht
Viele Hunde lieben höhlenartige Rückzugsorte und nehmen – anstelle einer Box – auch „Räuberhöhlen“ aus großen Kartons gut an, oder Tische, über welche Decken gebreitet werden! Der Vorteil von Boxen besteht darin, dass sie fast immer zusammenfaltbar, also mobiler sind, sich leichter an andere Orte mitnehmen lassen. Ein solcher Rückzugsort kann zum „mobile home“ werden, zu einem Refugium, in welchem der Hund sich auch an fremden Orten sicher und zu Hause fühlt.
Und ja: Ein solcher Rückzugsort muss natürlich nicht verschlossen werden!
Häufigkeit und Dauer
Die Frage, wie oft und wie lange ein Hund in einer geschlossenen Box untergebracht werden kann / sollte, lässt sich nur mit einem entschiedenen „Es kommt darauf an!“ beantworten.
Grundsätzlich gilt: Immer nur so oft und so lange wie unbedingt nötig!
Aufenthalte im Auto werden regelmäßig mit denen in einer Box verglichen: Entweder, weil tatsächlich eine Box im Auto steht, oder weil auch die Bewegungsfreiheit eines anders gesicherten Hundes stark eingeschränkt ist. Wird die Box für Autofahrten genutzt, ist diese „Ladungssicherung“ vorgeschrieben. Bei längeren Fahrten sollte der Hund – ebenso wie der Mensch – Gelegenheit haben, sich zwischendurch zu bewegen und zu lösen.
Bleibt der Hund allein im Auto, weil der Mensch etwas zu erledigen hat, kommt es darauf an: Werden auf der Heimfahrt nach einem ausgedehnten Spaziergang rasch noch Lebensmittel eingekauft, kann der Hund – entsprechende Witterungsverhältnisse vorausgesetzt! – problemlos im Auto warten. Ist eine ausgedehnte Shopping-Tour geplant, sollte er anderweitig untergebracht werden. Besteht diese anderweitige Unterbringung jedoch darin, dass er über Stunden allein bleiben muss, kann wiederum das Auto die bessere Lösung sein, sofern der Mensch regelmäßig nach dem Hund schaut und angemessene „Hundezeiten“ außerhalb des Autos einplant. Ebenso verhält es sich, wenn Hunde – wie zum Beispiel beim Mantrailing oder beim Hundesport – ihre (Trainings)pausen im Auto verbringen.
Der Hund, der während einer Familienfeier in der Box verweilt, kann das erwähnte Krabbelkind selbstverständlich kennenlernen! Aber eben in einem Moment, für den die beteiligten Erwachsenen sich Zeit nehmen, die Begegnung zu beaufsichtigen. Bei einem kleinen (Verdauungs)spaziergang schließen sich vielleicht auch andere Gäste an. Ob zwischendurch getrickst, eine kleine Fährte erschnüffelt oder mit dem Ball gespielt wird: Ein Hund, dessen Bedürfnis nach Bewegung, Beschäftigung und Sozialkontakt erfüllt wird, kann das anschließende Nickerchen ohne Weiteres wieder in der Box machen.
Was die letzten Beispiele gemein haben: Es handelt sich um Ausnahmen!
Ausnahmsweise können Hunde durchaus über mehrere Stunden in einer Box untergebracht werden.
Alternativen
Wird die Ausnahme jedoch zur Regel, müssen andere Lösungen gefunden werden, zum Einen, um die Anforderungen an eine artgerechte Haltung gemäß des Tierschutzgesetzes zu erfüllen. Vor allem aber, um bestmöglich dafür zu sorgen, dass die Bedürfnisse des Hundes erfüllt werden und er sich wohlfühlt. Ob der Hund sich wohlfühlt, entscheidet selbstverständlich auch darüber, ob eine Box in einer konkreten Situation ihren Zweck erfüllt: Fühlt er sich zum Beispiel bei der Annäherung fremder Menschen oder anderer Hunde wider Erwarten doch nicht sicher darin, muss eine andere Lösung gefunden werden.
Alternativen zur Box können sein:
- Anleinen. Nur unter Aufsicht! Verheddern in der Leine kann gefährlich sein und: Der Hund ist zwar an Ort und Stelle gesichert, aber andere (Menschen / Tiere) können u.U. einfach zu ihm hingehen. Hilfreich ist evtl. zusätzlicher Sichtschutz (oft hilft schon eine über einen Stuhl gehängte Jacke);
- Tür-/Trenngitter. Diese müssen unbedingt sicher befestigt sein, so dass sie keinesfalls umkippen können. Sie sollten so hoch sein, dass der Hund nicht doch einmal darüberzuspringen versucht und sich dabei womöglich verletzt;
- Geschlossene Tür (Unterbringung in einem Nebenraum), wenn der Hund sich damit wirklich wohlfühlt, und gegebenenfalls auch
- Fremdbetreuung. Eine qualifizierte, wirklich gewaltfrei arbeitende Hundesitter:in bzw. -tagesstätte oder -pension zu finden, gleicht leider immer noch einem Lottogewinn.
Unsere Empfehlung: Anne Rosengrün (Sanny’s Hundeservice®) bietet eine Facebook-Gruppe an, in der sich Menschen, denen der gewaltfreie Umgang mit Hunden wichtig ist, bundesweit vernetzen: „Positiv arbeitende Hundesitter suchen & finden“.
Die Box im Tierschutzgesetz / in der Rechtsprechung
Wer sich – zum Beispiel während des Studiums – mit Gesetzestexten auseinandersetzen muss, lernt dabei als allererstes: „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung!“ Was genau steht also im Tierschutzgesetz?
Das (deutsche) Tierschutzgesetz legt in §1 grundsätzlich Folgendes fest:
„Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“
§2 formuliert die Anforderungen an die Haltung und Betreuung von Tieren:
„Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“
§3 regelt den Umgang mit Tieren, so zum Beispiel Ausbildung und Training und bestimmt in Abs. 5: „Es ist verboten, ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind.“
In der Tierschutz-Hundeverordnung sind die Anforderungen an die Haltung festgelegt: Im Freien, in Räumen sowie in in Zwingern. Das Stichwort „Box“ taucht im Gesetz nicht explizit auf, aber wenn wir einmal davon ausgehen, dass eine Box eine Art kleiner Zwinger ist, dann finden wir in §6 unter anderem Folgendes
„(1) Ein Hund darf nur in einem Zwinger gehalten werden, der den Anforderungen nach den Absätzen 2 bis 4 entspricht.
(2) In einem Zwinger muss
1. dem Hund entsprechend seiner Widerristhöhe folgende uneingeschränkt benutzbare Bodenfläche zur Verfügung stehen, wobei die Länge jeder Seite mindestens der doppelten Körperlänge des Hundes entsprechen muss und keine Seite kürzer als zwei Meter sein darf.
Widerristhöhe in cm
bis 50
über 50 bis 65
über 65
Bodenfläche min. in qm
6
8
10″.
Um nun festzustellen, dass Hundeboxen die geforderte Mindestgröße nicht aufweisen, bedarf es keines Zollstocks: Sie sind definitiv zu klein! Verstößt die Unterbringung eines Hundes in einer Box also gegen das Tierschutzgesetz? Wie so oft liegt die Tücke im Detail …
Was bedeutet „Haltung“?
Weder im Tierschutzgesetz noch in der Tierschutz-Hundeverordnung wird festgelegt, was unter „Haltung“ eigentlich zu verstehen ist.
Ab wann ist ein Aufenthalt Haltung? Wenn zum Beispiel mein Mietvertrag die Haltung von Hunden verbietet, darf ich trotzdem Besuch von Menschen mit Hund haben. Der Hund kann auch problemlos ein paar Stunden bleiben, ohne dass mein Vermieter meckern dürfte. Besuch ist keine Haltung! Nehme ich den Hund allerdings für mehrere Wochen in Pflege, könnte mein Vermieter sich auf den Standpunkt stellen, dass es sich jetzt eben doch um Haltung handelt. Ob ich gegen meinen Mietvertrag verstoße, ist also eine Einzelfallentscheidung. Und eine Frage der Interpretation: Es mag Vermieter geben, die ein Auge zudrücken, solange die Nachbarn sich nicht beschweren; andere dagegen werden auf die strikte Einhaltung des Vertrages bestehen …
Ganz ähnlich ist es bei der Box. Einen Hund in einer Box zu halten, ist ein klarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Ab wann es sich um Haltung handelt, ist Ansichtssache.
Wenn ich nun der Ansicht bin, bereits das Schließen der Box erfülle das Kriterium „Haltung“, dann ist das genau das: Meine Meinung, meine Interpretation des Gesetzes. Das ist absolut legitim, bedeutet aber nicht, dass das Schließen der Box deswegen verboten ist. Es bedeutet lediglich, dass ich finde, das gehört verboten.
Was ist ein „vernünftiger“ Grund?
Wann ein Grund vernünftig ist, wird jeweils durch eine Abwägung verschiedener Interessen entschieden: Die Interessen der Halter:in, die Dritter bzw. der Öffentlichkeit sowie die des Tierschutzes. Hierbei gilt es außerdem den sogenannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten: Das eingesetzte Mittel muss in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck stehen und andere, potentiell weniger belastende Mittel nicht verfügbar sein.
Ein Beispiel: Einen Hund nach dem Spaziergang regelmäßig in einer Box unterzubringen, damit er keine schlammigen Pfotenabdrücke auf dem Teppich hinterlässt, ist insofern kein vernünftiger Grund, als mit dem Säubern der Pfoten ein milderes Mittel zur Verfügung steht. Handelt es sich jedoch um einen Hund, der auf eine Berührung seiner Pfoten mit Aggressionsverhalten reagiert, kann der Einsatz der Box so lange eine sinnvolle Management-Maßnahme sein, bis das entsprechende Training (Pfoten berühren, abtrocknen …) greift.
Wann ist Leiden erheblich?
Als erheblich gelten Schmerzen oder Leiden dann, wenn das Wohlbefinden eines Tieres mehr als nur geringfügig beeinträchtigt wird, wobei es auch auf die Intensität und Dauer der Beeinträchtigung ankommt.
Das Leiden muss dabei nicht offensichtlich – im Sinne von „für einen verständigen Beobachter erkennbar“ – sein: Von vielen Hundehalter:innen wird zum Beispiel eine Stressmimik beim eigenen Hund nicht als solche erkannt, während sie qualifizierten Trainer:innen sofort auffällt.
Wer entscheidet das?
Wenn es um rechtliche Fragen geht, kann ich meine Meinung mit einem anwaltlichen Gutachten untermauern. Das bedeutet, ein Mensch, der Jura studiert hat, überprüft, ob das, was ich als richtig und gerecht empfinde, tatsächlich so im Gesetz drinsteht. Aber Obacht: Auch das ist eine Interpretation! Verschiedene Jurist:innen können da ohne Weiteres zu verschiedenen Ergebnissen kommen. Das Gleiche gilt für Organisationen wie Verbände und Vereine: In der Frage, wie ein Gesetz zu interpretieren ist, hat deren Meinung natürlich durchaus Gewicht, schafft aber noch kein Recht.
In der Praxis spielt die Meinung des zuständigen Veterinäramtes eine nicht unbeträchtliche Rolle: Wenn ein Veterinäramt etwas für tierschutzrelevant hält, dann gilt das bis auf weiteres in dem Bereich, für welchen das betreffende Amt zuständig ist. Aber auch dann nicht landes- oder gar bundesweit und auch nicht uneingeschränkt. Hundehalter:innen können z.B. die Entscheidung eines Veterinäramts vor Gericht anfechten.
Die Entscheidung eines Gerichts wiederum kann als Präzedenzfall gelten; das bedeutet, das nächste Gericht, welches einen ähnlichen Fall verhandelt, kann sich an dieser Entscheidung orientieren. Kann. Muss nicht. Hin und wieder kommt die „nächste Instanz“ ins Spiel: Wird zum Beispiel die Entscheidung eines Gerichtes angefochten, kann das „nächsthöhere“ Gericht die Entscheidung bestätigen oder ablehnen.
Ein Gesetzestext als solcher ist also erst einmal nur ein Gerüst. Bis da „Butter bei die Fische ist“, kommen eine Menge Meinungen, Interpretationen, Gutachten und Urteile zusammen. Und das ist gar nicht blöd, weil es dazu führt, dass unsere Rechtsprechung nicht starr ist, sondern sich an Veränderungen und neue Erkenntnisse anpassen kann. Es gibt sogar Fälle, in denen jedes Mal auf’s Neue ein Gericht entscheiden muss, obwohl sie im Gesetz klipp und klar geregelt sind: Mord zum Beispiel ist verboten. Immer. Dennoch muss in jedem einzelnen Fall ein Gericht entscheiden, ob es sich tatsächlich um Mord handelt (oder zum Beispiel um Totschlag, Körperverletzung mit Todesfolge oder fahrlässige Tötung) und wie hoch das Strafmaß anzusetzen ist.
Aber zurück zur Hundebox!
Was die Interpretation des Tierschutzgesetzes im Hinblick auf die Box betrifft, bewegen wir uns bislang auf der Ebene Meinung / Interpretation. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es nur ein Gerichtsurteil, das sich zur Beurteilung heranziehen ließe. Allerdings geht es dort um die Unterbringung eines Hundes im Auto für jeweils 8 Stunden an 5 Tagen pro Woche. Wenig überraschend hält das Gericht diese für nicht tierschutzgerecht.
Ob das aber – aus juristischer Sicht – auch für eine gelegentliche, stundenweise Unterbringung in einer Box zutrifft, verrät diese Entscheidung nicht.
Obwohl es häufig anders verstanden und dargestellt wird, verbietet das Tierschutzgesetz die Verwendung geschlossener Boxen nicht.
Es besteht jedoch Anlass zu der Vermutung (mit der Betonung auf Vermutung!), dass die Rechtsprechung künftig den Umfang der tierschutzkonformen Einsatzmöglichkeiten von Boxen stark einschränken wird. Für solche Einschränkungen kennt die Rechtsprechung den Begriff „grundsätzlich“.
„Grundsätzlich“ bedeutet, dass es Ausnahmen gibt. Wer Hundeboxen unter Berücksichtigung sämtlicher zuvor geschilderter Voraussetzungen einsetzt, würde demnach selbst dann nicht automatisch gegen das Tierschutzgesetz verstoßen, wenn dies grundsätzlich untersagt wäre.
Wichtig: Was nicht ausdrücklich gesetzlich untersagt ist, ist deswegen nicht automatisch auch ethisch vertretbar!
Beispielsweise gestattet uns das Tierschutzgesetz, ein Tier zu töten, sofern wir es gerne aufessen möchten. Juristisch gesehen handelt es sich um einen klaren Fall – die ethische Diskussion darüber dauert an. In diesem Punkt können und dürfen wir alle die individuelle Entscheidung treffen, keine tierischen Produkte zu konsumieren. Ebenso verhält es sich mit Haltungsformen und Trainingsmitteln: Wir dürfen tun, was nicht verboten ist – wir müssen nicht. Wir sind im Gegenteil verpflichtet, uns in jedem Einzelfall die Frage zu stellen, ob unser Handeln für uns ethisch vertretbar ist.
Fazit
Boxen können und dürfen zum Schutz des Hundes, im Training oder als Management-Maßnahme eingesetzt werden, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Zu diesen Voraussetzungen gehören:
- Die Box muss eine angemessene Größe haben und so temperiert sein, dass der Hund weder friert noch überhitzt.
- Der Aufenthalt in der geschlossenen Box muss so trainiert werden, dass der Hund entspannt darin verweilen kann.
- Die Box wird lediglich in begründeten Ausnahmefällen benutzt.
- Der Hund bleibt nur so lange in der Box, wie es unbedingt notwendig ist. Ausnahmsweise längere Aufenthalte werden durch angemessene Pausen unterbrochen.
Diese und alle anderen Voraussetzungen nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen, sollte allen Hundehalter:innen ein Anliegen sein – jenseits gesetzlicher Regelungen und Vorschriften.
Die Artikelserie zur Box:
- Voraussetzungen für das Training
- Training und Management
- Wissenschaftliche Erkenntnisse
- Rechtliche Fragen
Links:
https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html
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