Unsere Gretchenfragen
„Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?“, fragt Gretchen den Gelehrten Faust in Goethes gleichnamigem Drama.
Hieraus hat sich der Begriff „Gretchenfrage“ entwickelt: eine Gewissensfrage, die nach einer eindeutigen Stellungnahme verlangt, für die Befragten jedoch eine zwiespältige Bedeutung hat, weswegen sie sich nicht oder nur schwer mit der geforderten Eindeutigkeit beantworten lässt.
Unter Hundehalter:innen könnte eine solche Gretchenfrage lauten; „Nun sag‘, wie hast du’s mit der geschlossenen Box?“, und die Diskussion darüber wird zuweilen tatsächlich mit religiösem Eifer geführt.
Die Frage „würdest du deinen Hund in einer geschlossenen Box unterbringen?“ ist mit „Nein!“ schnell, unkompliziert und ein für alle Mal beantwortet. Mit „Ja!“ dagegen nicht, weil sie sich in diesem Fall nicht mit einem Wort beantworten lässt – die Antwort kann hier nur „Ja, aber …“, „Ja, falls …“, „Ja, unter folgenden Bedingungen …“ oder ähnlich lauten.
Allerdings gehen die Details nach dem Komma regelmäßig unter, weil die Debatte hochemotional und dementsprechend hitzig geführt wird. So beginnt die „Nein!“/“Ja!“-Front sich so sehr zu verhärten, dass eine sachliche Auseinandersetzung kaum noch möglich scheint. Das ist vor allem für diejenigen von Nachteil, die den Einsatz von Boxen kritisch sehen und eigentlich für ihre Sichtweise werben möchten: An Fronten wird vielleicht gesiegt, aber nicht überzeugt.
Was also verbirgt sich hinter den Pünktchen nach dem Komma?
Ja, aber … nur dann, wenn der Aufenthalt in der geschlossenen Box kleinschrittig und sorgfältig trainiert wurde. Nur so wird der Hund die Box ohne Widerstreben aufsuchen und sich auch bei geschlossener Tür entspannt darin aufhalten. Wichtig: Resignation, die sich einstellt, wenn Jammern und Ausbruchsversuche lange genug vergeblich waren (ignoriert wurden), ist keine Entspannung!
Ja, aber … nur dann, wenn die Box für den angestrebten Zweck überhaupt geeignet ist: Sie muss mindestens so groß sein, dass der Hund darin aufrecht sitzen, ausgestreckt liegen und sich problemlos umdrehen kann. Sie darf auch gerne noch größer sein. Je nach Umgebungsbedingungen muss sie warm / kühl / luftig genug sein. Ein Wassernapf sollte auch Platz darin finden.
Ja, aber … nur dann, wenn andere, bessere Lösungen momentan nicht oder noch nicht zur Verfügung stehen.
Grundsätzlich ist das Argument, dass es immer eine andere Lösung gibt, nicht von der Hand zu weisen, es verliert jedoch an Gewicht, sobald es um Notfälle, wie zum Beispiel unvermeidbare Transporte oder die Rekonvaleszenz nach einer Operation geht. In solchen Fällen kann ein Aufenthalt in einer geschlossenen Box urplötzlich unumgänglich sein. Schon allein deswegen sollten Hunde – just in case! – daran gewöhnt sein, um die Situation nicht noch stressiger zu machen, als sie sowieso schon ist.
Wie lernen Hunde, sich in einer geschlossenen Box zu entspannen?
Natürlich sollten sie vor allem die offene Box gern als Ruheplatz aufsuchen. Welche Box, welcher Standort und wie wird auch das Schließen der Tür kleinschrittig geübt? Alle Antworten in meinem Artikel zum Thema im Blog von „Trainieren statt dominieren“!
Die Artikelserie zur Box:
- Voraussetzungen für das Training
- Training und Management
- Wissenschaftliche Erkenntnisse
- Rechtliche Fragen
Foto @ dtimiraos via canva